Deutscher Tierschutzbund Broschüre Stadttaube und Mensch
Als hauptsächliche Probleme, die durch die Präsenz von Stadttauben für den Menschen entstehen, werden angeführt
Die Ansicht, dass die Stadttauben ein Gesundheitsproblem für den Menschen darstellen und ihre Anwesenheit zerstörerisch für Bauten und Denkmäler ist, ist weit verbreitet und selbst tierfreundliche Stadtbewohner sehen in ihnen ‚Ratten der Luft‘, die es zu bekämpfen gilt. Firmen, die auf Schädlingsbekämpfung spezialisiert sind, führen Stadttauben auf ihren Schädlingslisten und schüren den Ekel und Abscheu vor den Vögeln.
Es ist mittlerweile erwiesen, dass Taubenkot nicht materialschädigend ist (s. TU Darmstadt, Prüfungsbericht 2004) und das von Tauben keine größeren gesundheitlichen Gefahren ausgehen, als von anderen Vögeln und Tieren auch.
Text Erna Graff Stiftung zur Webseite : https://www.erna-graff-stiftung.de/tauben/
Wie sieht es nun aus mit den auf Websites von Schädlingsbekämpfern und Vergrämungsfirmen aufgeführten Krankheitserregern aus? Besteht bei Kontakt mit Tauben eine Gefahr für unsere Gesundheit?
Für jede einzelne der Behauptungen wurden in einer Studie zur Gefährdungseinstufung von Stadttauben neue Erkenntnisse ausgewertet und der Wahrheitsgehalt aller dieser Behauptung überprüft. („Gefährdungseinstufung der Stadttauben? Überprüfung aktueller Aussagen aus dem Internet auf ihren Wahrheitsgehalt“. Mirja Kneidl-Fenske, Tierärztin und Michaela Dämmrich, Landesbeauftragte für den Tierschutz in Niedersachsen. Stand 29. Juli 2017.)
Alle Behauptungen konnten als schlichtweg falsch oder übertrieben entlarvt werden.
Behauptung: Aspergillose (Pilz) – Zerstörung der Lunge
Richtigstellung: Kein Tier ist Überträger einer Aspergillose! Schimmelherde des Cryptococcus neoformans können sich auf Erde und auch auf altem Taubenkot bilden. Bei hoher Exposition
in mit Schimmelpilzsporen gesättigter Luft kann eine Infektion erfolgen.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Encephalitis (Virus) – Nervenentzündung
Richtigstellung: Eine Enzephalitis ist eine Gehirnentzündung. Weder das Robert-Koch-Institut (Berlin) noch das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (Hamburg) haben Informationen
darüber, dass Tauben Enzephalitis übertragen. Falls damit PMV gemeint ist, haben Tauben auch da eine Sonderform cPMV, die keine nennenswerte Rolle als Zoonose spielt.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Histoplasmose (Pilz) – Zerstörung der Lunge
Richtigstellung: Tauben sind als Haus- und Nutztier potentielle Überträger. Allerdings sieht das Robert-Koch-Institut die Verbreitung der Histoplasmose in den USA, Zentral- und
Südamerika, Karibik, Afrika, Indonesien, Australien und vereinzelt in Europa (hier nur in Fledermaushöhlen).
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Kokzidose (Pilz) – Zerstörung der Lunge
Richtigstellung: Kokzidien sind keine Pilze, sondern Einzeller. Typische Taubenkokzidien, die mit dem Kot ausgeschieden werden, sind harmlos für den Menschen und andere
Säugetiere.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Listeriose (Bakterium) – Hirnhautentzündung
Richtigstellung: Tauben können diesen Erreger zwar ausscheiden, aber die größte Bedeutung als Infektionsquelle haben kontaminierte Lebensmittel. Ein Infektionszusammenhang mit Tauben
wird im Robert-Koch-Jahrbuch 2015 nicht genannt.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Myxovirose (Virus) – Augenentzündung
Richtigstellung: Myxoviren ist eine veraltete Bezeichnung für Orthomyxo- und Paramyxoviren. Beide haben für den Menschen keine Bedeutung.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Ornithose / Psittakose (Bakterium) – Tödliche Lungenentzündung
Richtigstellung: Ornithose sind für Vögel und Menschen nur noch meldepflichtig, weil die Krankheit mit Antibiotika gut zu behandeln ist. Die Symptomatik dieser Krankheit ähnelt einer
Grippe. Das Ro- bert-Koch-Institut in Berlin bestätigt 2016, dass es in den letzten 10 Jahren nur zwei nachgewiesene Fälle von Ornithosen durch Tauben gab. Bei einer Bevölkerung in Deutschland von
82.176.000 (Stand 2015) und einem Zeitraum von 10 Jahren, entsprechen 2 Erkrankungen einer Wahrscheinlichkeit von 1 : 420 Millionen (also der Wahrscheinlichkeit, 5 x hintereinander den Eurojackpot zu
knacken). Insgesamt erkrankten in der BRD von 2007 bis 2016 153 Menschen an Ornithose (d.h. 15 pro Jahr, Wahrscheinlichkeit 1 …: 5,5 Millionen), die Kontakt zu Gänsen, Enten, Wellensittichen,
Papageien, Hüh- ner und eben auch Tauben hatten.
Fazit: Die Behauptung ist maßlos übertrieben.
Behauptung: Salmonellose (Bakterium) – Lebensmittelvergiftung
Richtigstellung: Die Salmonellen, die Tauben befallen, sind taubenspezifisch (Salmonella typhimurium var. copenhagen). Sie sind keine Zoonose und daher für Menschen harmlos.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Toxoplasmose (Einzeller) – Entzündung der Leber und Lunge
Richtigstellung: Tauben sind potentielle Überträger, wie alle Warmblüter. Nach dem Robert-Koch-Insti- tut sind allerdings hauptsächlich zwei Infektionswege für die Infektion des
Menschen verantwortlich: orale Aufnahme umweltresistenter Oozysten über Ausscheidungen der Katze (z. B. ungewaschenes Gemüse), sowie die Aufnahme von sogenannten Gewebszysten, durch Fleisch
infizierter Tiere (z. B. Rohwurst,
Hackepeter).
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Typhus (Bakterium) – Tödliche Durchfallerkrankung
Richtigstellung: Typhus ist eine Erkrankung, die durch spezielle Salmonellenstämme (Salmonella typhi) verursacht wird. Diese spielen bei Tauben keine Rolle.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: Trichomonasis (Einzeller) – Schwellungen
Richtigstellung: Eine Trichomoniasis ist eine Geschlechtserkrankung, die beim Geschlechtsakt von Mensch zu Mensch übertragen wird (Trichomonas vaginalis). Bei Tauben kommen
Trichomonas gallinae vor. Diese haben für den Menschen keine Bedeutung und werden zudem nicht über Kot, sondern von erwachsenen Tauben auf die jungen Tauben beim Füttern übertragen, bzw. auf andere
Vogelarten durch Aufnahme kontaminierten Wassers.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Behauptung: “Da selbst alter, vertrockneter Taubenkot noch lebende Erreger der Vogelgrippe beherbergen kann, ergibt sich die unbedingte Notwendigkeit einer professionellen
Taubenkotbeseitigung.”
Richtigstellung: Das Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, wies 2015 nach, dass Tauben eine hohe Resistenz gegen Vogelgrippe und eine sehr geringe
Virusausschei- dung …haben. In Niedersachsen durften während der Vogelgrippe 2017 Tauben transportiert und ausge- stellt werden, weil sie bei der Übertragung der Geflügelpest keine Rolle
spielen.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Das Infektionsschutzgsetz von 2000 formuliert in § 2, Absatz 12, dass ein Tier, durch das Krankheitserreger auf Menschen übertragen werden können, ein Gesundheitsschädling ist.
Da Stadttauben auf Menschen keine nennenswerten Krankheiten übertragen, dürfen sie nicht als Schädlinge bezeichnet werden.
Tauben und Parasiten
Neben Krankheiten werden Tauben häufig für die Übertragung von Parasiten verantwortlich gemacht. Richtig ist: Tauben können, besonders wenn sie geschwächt sind, zahlreiche Parasiten und Krankheitserreger aufweisen. Diese sind aber zum größten Teil tauben- oder vogelspezifisch und für den Menschen völlig harmlos.
Menschen sind vor Taubenzecken geschützt, solange Tauben als Wirt vorhanden sind. Sie können den Menschen als Fehlwirt befallen, sterben aber nach wenigen Tagen ab. Die mögliche Schadwirkung geht
von Hautinfektionen an der Bisswunde aus. Eine Übertragung von Krankheitserregern wie Borreliose oder FSME durch Taubenzecken konnte bislang in keinem einzigen Fall nachgewiesen werden.
Fazit: Die Behauptung stimmt nur bedingt.
Er kann durchaus auch für den Menschen als Lästling auftreten.
Fazit: Die Behauptung stimmt.
Richtigstellung: Dieses Tier gibt es nicht. Es gibt Federlinge, die hochartspezifisch sind und bei Tauben ausschließlich Federsubstanz bzw. Hautschuppen fressen. Sie sind am
Menschen nicht interessiert.
Fazit: Die Behauptung ist falsch.
Tauben können von dem Parasiten betroffen sein. Seine Hauptschadwirkung wird durch Blutsaugen verursacht. Für den Menschen ist der Erreger ein Lästling und könnte theore- tisch, ebenso wie die
Zecke, Krankheiten übertragen, was aber bisher nicht vorkam. Vogelmilben gibt es bei vielen Vogelarten.
Fazit: Die Behauptung stimmt nur bedingt und trifft nicht nur auf Tauben zu.
Text Erna Graff Stuftung zur Webseite :https://www.erna-graff-stiftung.de/tauben/krankheiten/
Menschen für Tierrechte Stadttauben -tierschutzgerechtes Management
Teil 1-3 auf Youtube
Wissenschaftliche Überprüfung aktueller Aussagen aus dem Internet auf ihren Wahrheitsgehalt
Gefährdungseinstufung von Stadttauben
Übertragen Tauben Krankheiten und Parasiten?
Überprüfung aktueller Aussagen aus dem Internet auf ihren Wahrheitsgehalt
Dr. Mirja Kneidl-Fenske, Hamburg
Betreuende Tierärztin für den Hamburger Stadttauben e. V.
Michaela Dämmrich, Hannover
Landesbeauftragte für den Tierschutz in Niedersachsen